Jochen Rathmann's Bücher

Dienstag, 14. Februar 2012

Walter Sittler spielt Erich Kästner in Saarbrücken – „Vom Kleinmaleins des Seins“ am 09.02.2012 im Saarländischen Staatstheater


 Nach drei Jahren kehrte Walter Sittler zurück auf die Bühne des Saarländischen Staatstheaters für die Fortsetzung des überaus erfolgreichen Erzählprogramms „Als ich ein kleiner Junge war“, in welchem er aus der Sicht von Erich Kästner dessen Kinderjahre erzählt.

Es muss weitergehen, und getreu diesem Motto schließt die Fortsetzung „Vom Kleinmaleins des Seins“ direkt dort an, wo der erste Teil endet. Es wird von den Jahren als junger Erwachsener erzählt. Erste Theaterkritiken und Achtungserfolge im Schriftstellerdasein. Über die Kriegsjahre, der Verlust seiner Heimat, seiner Eltern, bis hin zum eigenen Tod. Eine Besonderheit hier: „Als ich ein kleiner Junge war“ ist eine Erzählung von Erich Kästner und wurde, bis auf einzelne Kürzungen, eins zu eins für die Bühne adaptiert. Allerdings gibt es kein alleinstehendes Werk von Kästner über sein späteres Leben. Aus allen vorhandenen Quellen hat man Informationen zusammengetragen und einen neuen, biografischen Text erarbeitet.

Wie in der Begrüßung des Publikums vorab berichtet wurde, ist der Auftritt in Saarbrücken die 111. Aufführung des Stückes und bildet gleichzeitig den Tourabschluss.

Zu Beginn liegt Sittler auf dem Boden. Auf der rechten Seite befindet sich das musikalische Ensemble, vereinzelt stehen Hocker auf der Bühne, auf der linken Seite ein Tisch, von wo er die Briefe an sein „liebes gutes Muttchen“ schreibt. Der Vorhang im Hintergrund wird den Abend hinweg farblich wechselnd angeleuchtet.

Walter Sittler, so scheint es, verkauft sich unter seinem Wert. Im Vergleich zu seinen Darbietungen auf der Bühne wirkt es nahezu lächerlich, mit welchen Angeboten er sich im Fernsehgeschäft abspeisen lässt. Von der „Kommissar und das Meer“ – Reihe einmal abgesehen ist er größtenteils in drittklassigen „Familienkomödien“ zu sehen. Als Kästner brilliert er wie schon vor einigen Jahren. Er taucht in die Figur und lässt den Zuschauer oft vergessen, dass es weder Kästner noch Sittler ist, der spricht, sondern Sittler als Kästner. Er nutzt die große Fläche der Bühne aus, tänzelt zu der Musik, entledigt sich seines Mantels und seines Hutes, wenn er sich heimisch fühlt, setzt den Hut auf, wenn er auf Reisen geht (bzw. davon erzählt). Er hat den Text verinnerlicht, jede Sprechpause wohlwollend gesetzt (auch wenn er einmal kurz ins Stocken geriet, sich aber mit Bravour gerettet hat). Es ist ganz große Kunst, wenn ein Schauspieler nur mit Worten ein Publikum für anderthalb Stunden begeistern kann.

Doch so schön ein Abend auch sein kann, gab es dennoch einen kleinen Wermutstropfen zu vermelden. Nachdem den ganzen Abend ein Verkaufsstand mit dem Banner „Der Künstler signiert nach der Veranstaltung“ hohe Umsätze zu vermelden hatte, da sich jeder Besucher mit Büchern und Hörbüchern eindeckte, wurde am Schluss einem gut gefüllten Foyer mitgeteilt, dass sich Herr Sittler entschuldigen lässt und nicht mehr kommen wird. Nachdem ein Großteil enttäuschter Zuschauer gegangen war, erfuhr man, dass er zu erschöpft sei und am Ende einer langen Tour stehe. Da die Verantwortlichen sichtlich Mühe hatten, eine Ausrede zu finden und sich viele Argumente widersprachen, sei es mal dahingestellt, ob es wirklich zu erschöpfend wäre, einem begeisterten Publikum eine halbe Stunde Aufmerksamkeit zu schenken und ein paar Bücher zu unterschreiben.

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