Jochen Rathmann's Bücher

Mittwoch, 15. Februar 2012

[OSCAR COUNTDOWN 2012] Teil 1 – Drive

Wir haben die Globes, die SAGs, die BAFTAs, ja sogar die Grammys hinter uns gebracht und der durchschnittliche amerikanische Fernsehzuschauer beginnt wie jedes Jahr um diese Zeit zu jammern, dass diese unsägliche Awardseason wieder einmal zu lange dauert. Doch das eigentliche Highlight steht uns erst noch bevor. Am 26.02.2012 werden in Los Angeles die Oscars vergeben. Bis es soweit ist werde ich jeden Tag Kritiken zu den nominierten Filmen veröffentlichen. Den Anfang macht „Drive“.


9/10

„Drive“ ist der „The Transporter“ des gehobenen Kunstfilms. Prinzipiell kommt die Story ziemlich gewöhnlich einher. James Sallis hat die Romanvorlage geliefert. Ryan Gosling spielt einen Fahrer ohne Namen, der tagsüber als Filmstuntman, Rennfahrer oder in einer Autowerkstatt arbeitet. Nachts bietet er seine Dienste als Driver an. Wer gerade dabei ist z.B. einen Überfall zu planen und noch keine Ahnung hat, wie man vom Tatort schnellstmöglich und sicher verschwinden kann, kann sich an den Driver wenden. Dieser gewährt ein 5 – Minuten – Zeitfenster. Nach exakt fünf Minuten, sobald auch nur eine Sekunde darüber verstreicht ist, verschwindet er, wer auch immer im Auto sitzt.

Natürlich gibt es eine Frau, die seine aktuellen Lebensumstände erheblich erschwert und einer seiner Aufträge geht auch ordentlich in die Binsen. Plötzlich ist das Leben des Drivers auf den Kopf gestellt.

Ryan Gosling überzeugt auf ganzer Linie. Er ist nicht nur der Mann ohne Namen, sondern beinah auch stumm. Seine Sprechzeilen lassen sich entspannt auf drei Drehbuchseiten reduzieren, seine Figur lebt durch die starre Mimik, die den Latexmasken gleich ist, die er für die Filmstunts tragen muss. Er ist zurückhaltend, wirkt passiv und spricht nur dann, wenn es sich überhaupt nicht vermeiden lässt. Er trägt eine silberne Rennjacke und fährt zu flippiger 80s Musik durch die Straßen von Los Angeles, die er besser als seine Westentasche kennt.
Die Frau, die in sein Leben tritt – ebenfalls grandios und zurückhaltend von Cary Mulligan gespielt – ist die einzige Person, die ihm ein Lächeln abverlangt. Es sind die Szenen, in denen sie beide spielen, in denen der Driver aus sich herauszugehen scheint. Als dann ihr Ehemann in die Szene tritt, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde, wird das emotionale Gefüge um einiges komplexer. Er hilft ihm bei einem „letzten“ Deal, bei dem natürlich alles schief geht, was schief gehen kann. Dennoch sind seine Absichten ehrlich, er möchte dieser Frau und ihrem Sohn das sorgenfreie, perfekte Leben ermöglichen.

Auch wenn der Film sich wohl kaum als klassischer Horrorfilm bezeichnen lässt, so enthält er doch viele klassische Element des Genres. Allen voran die Szene gegen Ende des Films, in der der Driver die Limousine verfolgt. Ein klassischer Auto gegen Auto – Kampf in der Dunkelheit, die Scheinwerfer spielen mit ihrem Opfer. Aber auch Splatter – Anleihen sind zu finden, entweder werden Köpfe mit rauer Manneskraft zertreten oder mit Kugeln durchbohrt.
Albert Brooks, Ron Pearlman und Bryan Cranston sind weitere namhafte Nebendarsteller, die zu einem ausgewogenen und positiven Gesamtbild verhelfen.

Ob „Drive“ wirklich einmal diesen Kultstatus erreichen wird, von dem viele schon jetzt sprechen, sei einmal dahingestellt. Doch mindestens einmal sollte sich jeder diesen Film ansehen!

[OSCAR – PROGNOSE]

Bei den Golden Globes hatte der Film immerhin noch eine Chance, einen Preis zu gewinnen und wurde schon als Insidertipp bei den Oscars gehandelt. Am Ende blieb eine Nominierung (Best Achievement in Sound Editing), und diesen Preis wird der Film wohl kaum gewinnen können.

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