Jochen Rathmann's Bücher

Freitag, 24. Februar 2012

[OSCAR COUNTDOWN 2012] Teil 16 - The Artist


10/10

„The Artist“ hat die Welt wie im Flug erobert und somit einen überraschenden Achtungserfolg gelandet, von all den internationalen Filmpreisen einmal abgesehen. Der Film läuft zu einem Zeitpunkt in den Kinos, in dem vor allem die Industrie viel Wert auf hochwertige 3D – Auswertungen legt und den Zuschauer mit immer neuer, besserer Technik ins Kino locken will. Ein Film wie „The Artist“ stellt den absoluten Kontrast dar, ein Stummfilm in schwarz-weiß. Doch vielleicht sollte man die Gründe für den Erfolg nicht nur in der Sehnsucht des Zuschauers nach einfach gemachten Filmen suchen, sondern einen genauen Blick auf den Film selbst werfen.

Der ironischerweise in genauer solch einer Zeit des Umbruchs spielt. Der Stummfilm wird durch den Tonfilm abgelöst. Ein Zeitpunkt in der Filmgeschichte, der viel bedeutender war als die Einführung der neuen 3D – Technologie. Opfer dieses Wandels ist George Valentin, der hellste Stern am Himmel von „Hollywoodland“. Doch über Nacht verliert seine Fähigkeit und sein Talent an Wert. Der Zuschauer hat kein Auge mehr für die stillen Filme sondern nur noch Ohren für den Tonfilm. Valentin wehrt sich gegen diesen Trend und schlägt alle Angebote ab. Stattdessen steckt er sein gesamtes Hab und Gut in die Produktion eines eigenen Stummfilms, der ein für alle mal seine Unsterblichkeit im Geschäft beweisen soll. Doch der Film wird ein gigantischer Flop an den Kassen, George Valentin hat alles verloren, seine Frau verlässt ihn, Peppy, eine wichtige Frau in seinem Leben, ist der neue Star im Geschäft.

Man sollte Michel Hazanavicius Respekt zollen. Nicht dafür, dass er den Mut bewiesen hat, in der heutigen Moderne einen farblosen Stummfilm zu drehen. Doch dass er die Fähigkeit besitzt, sich an einen Tisch zu setzten und ein Drehbuch zu schreiben, mit dem er vor gut 100 Jahren einen Meilenstein erschaffen hätte. Besonders zu sehen in einer der letzten Szenen des Films, in der die Titelkarte „Bang“ erscheint und Hazanavicius beweist, dass es sich um keinen Glücksgriff handelt sondern dass er diese Filmepoche verstanden hat und ganz nebenbei etwas von seinem Fach versteht.

„The Artist“ ist der Beweis dafür, dass es mehr Wege gibt, eine Geschichte zu erzählen, auch ohne große Worte. Der Soundtrack ist unfassbar stark und von hoher Bedeutung, schließlich ist es das einige, was wir in 100 Minuten hören. Wenn man ihn z.B. außerhalb des Filmes hört, kann man die Musik sofort dem Film und der dazugehörigen Szenen zuordnen. In kompositorischer Hinsicht ein kleines Meisterwerk.

Manchmal muss man einfach gegen den Strom schwimmen und nur fest an die Sache glauben. Hazanavicius hat dies getan, und man sieht, was es ihm gebracht hat.


[OSCAR – PROGNOSE]

Es ist beängstigend, schaut man sich einmal an, wie viele Preise „The Artist“ in den letzten Wochen eingeheimst hat. Deswegen ist es auch unwahrscheinlich, dass der Film am Abend der Academy Awards auch nur um einen Preis zittern muss. Und auch wenn mein Cineastenherz ein klein wenig schneller für „The Descendants“ schlägt, so werde ich in den frühen Morgenstunden doch sehr zufrieden sein, wenn der Film die 10 vollgemacht hat.

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