Jochen Rathmann's Bücher

Freitag, 17. Februar 2012

[OSCAR COUNTDOWN 2012] Teil 5 – Verblendung


4/10

Es fällt schwer zu glauben, dass einer der innovativsten und besten Filmemacher unserer Zeit einen Roman verfilmt, dessen überaus erfolgreiche Erstverfilmung drei Jahre zurückliegt und präsenter ist als denn je. Positive Verkaufszahlen und regelmäßige TV – Ausstrahlungen in Deutschland dürften auch in anderen Ländern an der Tagesordnung stehen. Schaut man auf die Bestsellerliste findet man nach wie vor die Bände der Millennium – Trilogie von Stieg Larsson. Hinzu kommt, dass die Originalverfilmung einer international recht unbekannten Schauspielerin zu einer Karriere in Hollywood verhalf. Völlig zurecht, schließlich gab sie überzeugend und frei von Ängsten der äußerst komplexen und fantastischen literarischen Figur Lisbeth Salander ein Gesicht. Möchte man also einen völlig überflüssigen Film produzieren, so muss dass schon einen rechtfertigenden Grund haben.

Doch weit gefehlt. Erste Bilder vorab ließen schon erahnen, auf was man sich mit der Verfilmung von David Finchers Version einlässt. Der Film hat schlicht und ergreifend nichts Neues zu bieten. Kleine Abweichungen hier und da und am Ende machen noch keinen neuen Film. Auch die Chance auf eine äußert interessante Standortverlegung hat man verpasst. Es scheint, als hätte man an den bekannten Drehorten gearbeitet. Die einzige Individualität des Filmes wird durch einen bescheuerten Vorspann begründet, der wenigstens schon mal Freude auf den nächsten James Bond macht.

Die Rolle der Lisbeth Salander hat schließlich Rooney Mara bekommen. Als bekannt wurde, dass es ein US – Remake geben wird, schien sich jede halbwegs attraktive Schauspielerin die Haare abgeschnitten zu haben um zu einem Casting eingeladen zu werden. Und es gab viele Namen, die durch die Medien gingen und eine interessante Alternative zu Noomi Rapace gegeben hätten. Doch Fincher blieb bei seinen Leisten und hat der aus „The Social Network“ bekannten Schauspielerin den Zuschlag gegeben. Da sie der Figur kein neues Gesicht gibt und oft völlig überfordert wirkt, ist sie eher unter „ferner liefen“ einzuordnen.

Daniel Craig übernimmt die Rolle des Journalisten Mikael Blomkvist. Eine Figur, die mir schon im Roman nicht sonderlich gefallen hat und in der Originalverfilmung äußerst schwach von Michael Nyqvist verkörpert wurde. Allerdings bietet Craig einen kleinen Lichtblick, er gibt der Figur die Ecken und Kanten, die ich bei Nyqvist vermisste habe.

Die Musik ist toll, die Anspielung des NIN T-Shirts nett für diejenigen, die sie verstehen, und der Nebencast recht ordentlich besetzt. Der erste Teil der Millennium – Bücher ist eine tolle Geschichte und man kann sie sich immer wieder ansehen, dennoch sollte man sich ernsthaft überlegen, ob es Sinn macht, eine 1:1 Kopie zu drehen. Craig überzeugt, Mara wirkt wie eine gescheiterte Karikatur und von Fincher hätte ich wirklich mehr erwartet. Vielleicht ist auch das der Grund, warum er sich aus den beiden restlichen Verfilmungen weites gehend raushalten möchte. Sowieso würde es mich nicht wundern, wenn die anderen beiden Produktionen fürs erste auf Eis gelegt werden. In den nächsten fünf Jahren wird sich sicherlich jemand finden, der ein großes Reboot plant.


[OSCAR PROGNOSE]

Eine Nominierung für Rooney Mara (vermutlich wegen des schlechten Gewissens) und einige in den technischen Nebenkategorien. Prinzipiell dürfte der Filme kein Chance auf einen Preis haben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen