The Dark
Knight Rises
2012 /
Christopher Nolan /
mit Christian Bale, Joseph Gordon-Levitt, Anne Hathaway,
Tom Hardy, Marion Cotillard,…
10/10
Enthält Spoiler zu entscheidenden Momenten des Films!
Der Filmemacher Christopher Nolan dürfte sich in den vergangenen
Jahren vermutlich in einer der unbequemsten Situationen in ganz Hollywood
befunden haben. Wer Nolan kennt, weiß natürlich, dass er mit dieser Rolle ganz
entspannt umgehen kann, aber „The Dark Knight Rises“ ist der wohl am meist
erwartete Film der letzten Jahren, mit den wohl höchsten Ansprüchen überhaupt.
Selbst Peter Jackson und seine Hobbits oder James Cameron und Avatar (wann
immer er sich entscheidet, endlich weiterzudrehen) dürften diese Last nicht auf
ihren Schultern verspüren.
Als Nolan 2008 „The Dark Knight“ ablieferte, war es die
Fortsetzung zu „Batman Begins“. Einem vergleichsweise kleinerem Comicfilm, der
durch seine mutige und kompromisslose Inszenierung breiten Anklang fand,
allerdings viel zu schnell – und zu Unrecht – aus dem Bewusstsein verschwunden
ist. „The Dark Knight“ war die logische Fortführung dieser Theorie, und Nolan
hat das Comicfilm – Genre ein für allemal auf den Kopf gestellt. Diesen Teil
mit einem dritten zu übertrumpfen ist da fast schon ein Ding der Unmöglichkeit.
„The Dark Knight Rises“ spielt acht Jahre nach dem Tod von
Harvey Dent und dem Verschwinden von Batman. Commissionar Gordon wacht
weiterhin über eine Version von Gotham, die sich im Vergleich zu seinen
Vorgängern etwas beruhigt hat. Zumindest solange, bis der Bösewicht Bane bei
einer spektakulären Flucht aus der Gefangenschaft aus einem Flugzeug sein
Hauptquartier in der Kanalisation der Stadt einrichtet. Kurz darauf eskaliert
die Situation und Bane übernimmt die Stadt, bzw. überlässt sie den sauberen Bürgern,
genauso wie den Verbrechern aus den Gefängnissen. Wer gegen die Regeln
verstößt, wird vor ein Tribunal gestellt, und muss immer dem Tod in die Augen
sehen. Gleichzeitig wurde eine atomare Bombe aktiviert und droht die ganze
Stadt zu zerstören. Beinah die gesamte Polizei von Gotham ist in der
Kanalisation eingesperrt. Nur ein kleiner Kreis von Rechtschaffenden bleibt
übrig, der die Stadt zurückgewinnen muss.
Im Vergleich zu seinem Vorgänger hat Nolan bei „The Dark
Knight Rises“ eine andere Erzählstruktur gewählt. Im zweiten Teil wurden wir
durch einen unmittelbaren Start in die Handlung geworfen und haben uns
fragmentarisch von Handlungsbogen zu Handlungsbogen durchgekämpft. In diesem
Film steht das große Ganze im Mittelpunkt: Das Schicksal der Stadt Gotham. Um
diesen Showdown wird die Handlung aufgebaut. Der Blick geht in die Breite,
zeitweilig übernimmt die Stadt selbst die Hauptrolle. Dieses Mal wurde in
Pittsburgh gedreht, ein ganz wichtiger Aspekt in der Darstellung Nolans. In
keinem der drei Filme ähnelt sich Gotham. Auch wenn es immer die gleiche Stadt
ist, setzt er in der Visualisierung bewusst neue Akzente. Wie wichtig dieses
Vorhaben ist, wird erst im dritten Teil klar.
Eine große Diskussion eröffnete die Meldung, dass Anne
Hathaway in den Catsuit schlüpfen
und eine weitere Figur im Batman – Universum darstellen
würde. Die Empörung und Angst, die zu Beginn dieser Debatte weiträumig
herrschte war durchaus nachvollziehbar. Schließlich wurden wir bisher bei der
Darstellung von Catwoman nicht sonderlich verwöhnt; allen voran Halle Berry.
Doch als hätte man es sich nicht schon denken können, findet diese Figur in
diesem Universum problemlos ihren Platz. Zum einen ist es nicht direkt Catwoman,
sondern die Person Selina Kay, die in der Handlung ihre Akzente setzt. Zum
anderen ist die Darstellung von Catwoman ein weiterer Beweis für die
Realitätsnähe, die alle drei Filme inne haben.
Ebenfalls mutig war die Entscheidung, zwei Figuren zu
erfinden, die keine unwichtige Rolle im Film spielen. Marion Cotillard als tiefgründige,
oberflächliche Society – Lady, die sich mit Wayne verbündet um sein Imperium zu
retten, sich aber später als der eigentlich Bösewicht des Films behauptet. Der
Überraschungsmoment dieser Enthüllung ist mehr als der übliche „Mindfuck“, der
am Ende eines Filmes einfach alles auf den Kopf stellen soll. Liebevoll wird
während der ganzen fast drei Stunden eine Hintergrundgeschichte erzählt, in der
der Zuschauer Bane erkennen soll, ihn allerdings in der Menge übersieht.
Cotillard’s Hintergründe sind glaubhaft, auch die Verbindung zu Liam Nesson’s
Ra’s Al Ghul.
Der ganz große Star des Filmes dürfte Joseph Gordon – Levitt
sein, dessen Officer Blake, später dann Detective, nicht nur mit einer größeren
Leinwandpräsens als Batman überzeugen darf. Er verkörpert all das, für was die
Stadt und ihre Menschen steht. Das Waisenkind, das zu dem großen Stifter Bruce
Wayne aufgesehen hat, vor allen anderen wusste, dass er Batman ist, und mit
seinem Platz bei der Polizei selbst in die Rolle eines Retters schlüpfen will,
um Kinder, wie er es einmal war, vor dem Bösen zu schützen. Er ist es, der
Batman rekrutiert, und für eine lange Spanne des Films der linke Arm von Gordon
ist, der die erste Hälfte in einem Krankenbett verbringt. Auch wenn das Nolan –
Universum nach diesem Film ausgedient hat, ist es dennoch gut zu wissen, dass
Levitt, nachdem er seinen Dienst quittiert hat, seine Bestimmung gefunden hat.
Für den Bösewicht dieses dritten Teils hat Nolan tiefer in
die Trickkiste greifen müssen. Heath Ledger‘s Darstellung des Jokers hat einen
festen Platz in der Filmgeschichte verdient. Selten konnte jemand so viel
Wahnsinn und Unberechenbarkeit in eine Figur legen wie er. Dennoch geht Tom
Hardy’s Bane einen Schritt weiter. Im Vergleich zum Joker ist dieser Charakter
durchweg im Bild, verliert aber nichts an seiner Bedrohlichkeit.
Ausschlaggebend dürfte die Maske sein, durch die seine Stimme eine hallende
Tiefe bekommt, und jedes gesprochene Wort wie tausend Alpträume klingt. Er
scheint unschlagbar zu sein, ist Batman weit überlegen und kann so auch nicht
von ihm besiegt werden.
Kein Nolan – Film ohne Musik. Ohne einen bombastischen Score,
der für die gefühlte gesamte Länge des Films jede Szene unterlegt. Es ist
mittlerweile zu einem Stilmittel und zu einem Kniff in der Inszenierungsweise
von Nolan geworden. Doch gerade dann macht es Spaß, eben damit zu spielen. Das
muss er sich gedacht haben, als er das Gespräch von Wayne und Alfred in beinah
vollkommener Stille hat führen lassen. Es war ein wichtiger Moment in der
Beziehung dieser Figuren, ein Bruch mit dem bisherigen Leben. Durch das
bewusste Weglassen eines Scores hat er diesem Moment den richtigen Ton
verliehen.
Die stärkste Eigenschaft seiner Regie ist die Bildgewalt,
die auch hier nicht zu kurz kommt. Eröffnet wird der Film durch eine
gigantische Entführung in der Luft, bei dem das eine Flugzeug ganz schnell ein
anderes auseinandernimmt. Dabei handelt es sich dann um das Pendant des sich
überschlagenden Lastwagens aus „The Dark Knight“. Auch die Szenen im Football –
Stadion übertreffen alles bisher gesehene. In absoluter Stille einen kleinen
Jungen die Nationalhymne singen zu lassen, um kurz darauf das gesamte Spielfeld
in die Luft zu jagen, so etwas kann sich nur ein Engländer erlauben. Doch je
größer die Explosion, umso bedeutungsvoller ist sie für die Story. Nichts
passiert bei ihm ohne Grund. Er verbindet die visuell starken Eindrücke mit
entscheidenden Momenten und Emotionen der Handlung.
Für den Schluss seiner Trilogie hat er sich etwas ganz
Großes aufgehoben. Es ist nicht der Kampf des Helden gegen einen Bösewicht; es
ist der Finalkampf einer ganzen Stadt um Gut und Böse. Hier geht es um mehr als
ein paar Dollar Mafiageld oder um verseuchtes Trinkwasser. In „The Dark Knight
Rises“ wird alles auf eine Karte gesetzt, und wir spüren, wie knapp wir von
einem Inferno entfernt sind. Und auch wenn Christopher Nolan am Ende doch etwas
konsequenter hätte sein können, trifft er letztendlich die richtigen
Entscheidungen und lässt uns zwar mit einigen offenen Fragen und komplexen
Entscheidungen zurück, doch wird dieses Kapitel hoffentlich für immer ruhen
lassen, ganz einfach weil es perfekt ist.