Jochen Rathmann's Bücher

Donnerstag, 26. Juli 2012

[Filmkritik] The Dark Knight Rises

  


The Dark Knight Rises
2012 / Christopher Nolan / 
mit Christian Bale, Joseph Gordon-Levitt, Anne Hathaway, Tom Hardy, Marion Cotillard,…
10/10

Enthält Spoiler zu entscheidenden Momenten des Films!

Der Filmemacher Christopher Nolan dürfte sich in den vergangenen Jahren vermutlich in einer der unbequemsten Situationen in ganz Hollywood befunden haben. Wer Nolan kennt, weiß natürlich, dass er mit dieser Rolle ganz entspannt umgehen kann, aber „The Dark Knight Rises“ ist der wohl am meist erwartete Film der letzten Jahren, mit den wohl höchsten Ansprüchen überhaupt. Selbst Peter Jackson und seine Hobbits oder James Cameron und Avatar (wann immer er sich entscheidet, endlich weiterzudrehen) dürften diese Last nicht auf ihren Schultern verspüren.

Als Nolan 2008 „The Dark Knight“ ablieferte, war es die Fortsetzung zu „Batman Begins“. Einem vergleichsweise kleinerem Comicfilm, der durch seine mutige und kompromisslose Inszenierung breiten Anklang fand, allerdings viel zu schnell – und zu Unrecht – aus dem Bewusstsein verschwunden ist. „The Dark Knight“ war die logische Fortführung dieser Theorie, und Nolan hat das Comicfilm – Genre ein für allemal auf den Kopf gestellt. Diesen Teil mit einem dritten zu übertrumpfen ist da fast schon ein Ding der Unmöglichkeit.

„The Dark Knight Rises“ spielt acht Jahre nach dem Tod von Harvey Dent und dem Verschwinden von Batman. Commissionar Gordon wacht weiterhin über eine Version von Gotham, die sich im Vergleich zu seinen Vorgängern etwas beruhigt hat. Zumindest solange, bis der Bösewicht Bane bei einer spektakulären Flucht aus der Gefangenschaft aus einem Flugzeug sein Hauptquartier in der Kanalisation der Stadt einrichtet. Kurz darauf eskaliert die Situation und Bane übernimmt die Stadt, bzw. überlässt sie den sauberen Bürgern, genauso wie den Verbrechern aus den Gefängnissen. Wer gegen die Regeln verstößt, wird vor ein Tribunal gestellt, und muss immer dem Tod in die Augen sehen. Gleichzeitig wurde eine atomare Bombe aktiviert und droht die ganze Stadt zu zerstören. Beinah die gesamte Polizei von Gotham ist in der Kanalisation eingesperrt. Nur ein kleiner Kreis von Rechtschaffenden bleibt übrig, der die Stadt zurückgewinnen muss.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger hat Nolan bei „The Dark Knight Rises“ eine andere Erzählstruktur gewählt. Im zweiten Teil wurden wir durch einen unmittelbaren Start in die Handlung geworfen und haben uns fragmentarisch von Handlungsbogen zu Handlungsbogen durchgekämpft. In diesem Film steht das große Ganze im Mittelpunkt: Das Schicksal der Stadt Gotham. Um diesen Showdown wird die Handlung aufgebaut. Der Blick geht in die Breite, zeitweilig übernimmt die Stadt selbst die Hauptrolle. Dieses Mal wurde in Pittsburgh gedreht, ein ganz wichtiger Aspekt in der Darstellung Nolans. In keinem der drei Filme ähnelt sich Gotham. Auch wenn es immer die gleiche Stadt ist, setzt er in der Visualisierung bewusst neue Akzente. Wie wichtig dieses Vorhaben ist, wird erst im dritten Teil klar.

Eine große Diskussion eröffnete die Meldung, dass Anne Hathaway in den Catsuit schlüpfen
und eine weitere Figur im Batman – Universum darstellen würde. Die Empörung und Angst, die zu Beginn dieser Debatte weiträumig herrschte war durchaus nachvollziehbar. Schließlich wurden wir bisher bei der Darstellung von Catwoman nicht sonderlich verwöhnt; allen voran Halle Berry. Doch als hätte man es sich nicht schon denken können, findet diese Figur in diesem Universum problemlos ihren Platz. Zum einen ist es nicht direkt Catwoman, sondern die Person Selina Kay, die in der Handlung ihre Akzente setzt. Zum anderen ist die Darstellung von Catwoman ein weiterer Beweis für die Realitätsnähe, die alle drei Filme inne haben.

Ebenfalls mutig war die Entscheidung, zwei Figuren zu erfinden, die keine unwichtige Rolle im Film spielen. Marion Cotillard als tiefgründige, oberflächliche Society – Lady, die sich mit Wayne verbündet um sein Imperium zu retten, sich aber später als der eigentlich Bösewicht des Films behauptet. Der Überraschungsmoment dieser Enthüllung ist mehr als der übliche „Mindfuck“, der am Ende eines Filmes einfach alles auf den Kopf stellen soll. Liebevoll wird während der ganzen fast drei Stunden eine Hintergrundgeschichte erzählt, in der der Zuschauer Bane erkennen soll, ihn allerdings in der Menge übersieht. Cotillard’s Hintergründe sind glaubhaft, auch die Verbindung zu Liam Nesson’s Ra’s Al Ghul.

Der ganz große Star des Filmes dürfte Joseph Gordon – Levitt sein, dessen Officer Blake, später dann Detective, nicht nur mit einer größeren Leinwandpräsens als Batman überzeugen darf. Er verkörpert all das, für was die Stadt und ihre Menschen steht. Das Waisenkind, das zu dem großen Stifter Bruce Wayne aufgesehen hat, vor allen anderen wusste, dass er Batman ist, und mit seinem Platz bei der Polizei selbst in die Rolle eines Retters schlüpfen will, um Kinder, wie er es einmal war, vor dem Bösen zu schützen. Er ist es, der Batman rekrutiert, und für eine lange Spanne des Films der linke Arm von Gordon ist, der die erste Hälfte in einem Krankenbett verbringt. Auch wenn das Nolan – Universum nach diesem Film ausgedient hat, ist es dennoch gut zu wissen, dass Levitt, nachdem er seinen Dienst quittiert hat, seine Bestimmung gefunden hat.

Für den Bösewicht dieses dritten Teils hat Nolan tiefer in die Trickkiste greifen müssen. Heath Ledger‘s Darstellung des Jokers hat einen festen Platz in der Filmgeschichte verdient. Selten konnte jemand so viel Wahnsinn und Unberechenbarkeit in eine Figur legen wie er. Dennoch geht Tom Hardy’s Bane einen Schritt weiter. Im Vergleich zum Joker ist dieser Charakter durchweg im Bild, verliert aber nichts an seiner Bedrohlichkeit. Ausschlaggebend dürfte die Maske sein, durch die seine Stimme eine hallende Tiefe bekommt, und jedes gesprochene Wort wie tausend Alpträume klingt. Er scheint unschlagbar zu sein, ist Batman weit überlegen und kann so auch nicht von ihm besiegt werden.

Kein Nolan – Film ohne Musik. Ohne einen bombastischen Score, der für die gefühlte gesamte Länge des Films jede Szene unterlegt. Es ist mittlerweile zu einem Stilmittel und zu einem Kniff in der Inszenierungsweise von Nolan geworden. Doch gerade dann macht es Spaß, eben damit zu spielen. Das muss er sich gedacht haben, als er das Gespräch von Wayne und Alfred in beinah vollkommener Stille hat führen lassen. Es war ein wichtiger Moment in der Beziehung dieser Figuren, ein Bruch mit dem bisherigen Leben. Durch das bewusste Weglassen eines Scores hat er diesem Moment den richtigen Ton verliehen.

Die stärkste Eigenschaft seiner Regie ist die Bildgewalt, die auch hier nicht zu kurz kommt. Eröffnet wird der Film durch eine gigantische Entführung in der Luft, bei dem das eine Flugzeug ganz schnell ein anderes auseinandernimmt. Dabei handelt es sich dann um das Pendant des sich überschlagenden Lastwagens aus „The Dark Knight“. Auch die Szenen im Football – Stadion übertreffen alles bisher gesehene. In absoluter Stille einen kleinen Jungen die Nationalhymne singen zu lassen, um kurz darauf das gesamte Spielfeld in die Luft zu jagen, so etwas kann sich nur ein Engländer erlauben. Doch je größer die Explosion, umso bedeutungsvoller ist sie für die Story. Nichts passiert bei ihm ohne Grund. Er verbindet die visuell starken Eindrücke mit entscheidenden Momenten und Emotionen der Handlung.

Für den Schluss seiner Trilogie hat er sich etwas ganz Großes aufgehoben. Es ist nicht der Kampf des Helden gegen einen Bösewicht; es ist der Finalkampf einer ganzen Stadt um Gut und Böse. Hier geht es um mehr als ein paar Dollar Mafiageld oder um verseuchtes Trinkwasser. In „The Dark Knight Rises“ wird alles auf eine Karte gesetzt, und wir spüren, wie knapp wir von einem Inferno entfernt sind. Und auch wenn Christopher Nolan am Ende doch etwas konsequenter hätte sein können, trifft er letztendlich die richtigen Entscheidungen und lässt uns zwar mit einigen offenen Fragen und komplexen Entscheidungen zurück, doch wird dieses Kapitel hoffentlich für immer ruhen lassen, ganz einfach weil es perfekt ist.

Mittwoch, 18. Juli 2012

[Filmkritik] The Amazing Spider-Man



Brauchen wir wirklich ein Reboot des Spiderman – Franchises? Nein! Sam Raimi hat uns zwei wunderbare Filme und einen fragwürdigen dritten Teil geschenkt, die eigentlich fürs erste reichen sollten. Denkste! Hollywood richtet sich nur selten nach seinen Zuschauern, hat aber in den meisten Fällen den längeren Atem.

Hier geht es in erster Linie um Attraktivität. Was kann uns ein neuer Film, der Start einer weiteren Reihe, bieten, was uns bisher gefehlt hat. In diesem Punkt hat der Film einiges im Angebot. Lassen wir einmal Rhys Ifans außen vor, ein großartiger Schauspieler, der in die Rolle des Bösewichts schlüpft.

Es ist das neueste Werk von Regisseur Mark Webb, der unmittelbar auf seinen modernen Klassiker „(500) Days of Summer“ folgt. Ein Film, mit dem er so unerwartet aber so berechtigt Hollywood im Sturm erobert hat.
Hinzu kommt die Besetzung von Emma Stone. Eine Schauspielerin, die momentan noch in der Nachwuchsriege einzustufen ist, aber in den kommenden Jahren durch ihren kometenhaften Aufstieg auf dem Olymp angekommen sein dürfte.

Die Ausgangssituation ist eine etwas andere. Wir befinden uns nicht mehr in der Welt, in der Mary-Jane Parker „the girl next door“ ist. Hier gehört Peter Parkers Herz Gwen Stacey, die in den verschiedensten Comicreihen nicht selten die Hauptrolle übernimmt.

Und damit wären wir auch schon an einem Punkt angekommen, den man dem Reboot zugute halten kann. Als Heath Ledger nach den Dreharbeiten zu „The Dark Knight“ verstarb, häuften sich Gerüchte um eine Besetzung der Rolle im Folgefilm „The Dark Knight Rises“ (der Joker taucht allerdings nicht mehr auf). Irgendwann war die Diskussion an einem Punkt angelangt, man könne einem anderen Schauspieler die Rolle geben, schließlich unterscheidet sich das Aussehen einer Figur auch in den Comicheften. So sinnlos diese Alternative in der Nolan – Reihe gewesen wäre, so berechtigt ist sie im Fall von „The Amazing Spider-Man“.

Die Spinne ist eine der populärsten Comicfiguren überhaupt. Wer einen flüchtigen Blick auf den Comicbuchmarkt wirft, entdeckt, dass es mehr als eine regelmäßig erscheinende Reihe gibt. Und in jeder dieser Reihen herrscht ein eigenes Universum. Die Figuren sehen anders aus, verschiedene Handlungsstränge werden aufgezogen. So ist in der Reihe „Ultimate Spiderman“ Peter Parker im vergangenen Jahr gestorben. In einem neuen Universum kann er dafür frisch durchstarten. Auch wenn die Produktion eines Blockbusters etwas aufwändiger ist als die eines Comicheftes, muss man sich einfach von dem Gedanken lösen, dass der Film irgendetwas mit den Sam Raimi-Toby Maguire-Filmen zu tun hat.

Und Webb gelingt es tatsächlich besser als erwartet, ein neues Universum zu schaffen, das weit weg von den Raimis, Dark Knights und Avengers stattfindet. Es scheint sogar, als würde er den Ton eines typischen Comicheftes genau treffen.

Es wird mal wieder die sogenannte Origin-Story erzählt. Die Geschichte, wie nach einem Spinnenbiss aus dem gewöhnlichen Menschen Peter Parker ein durch die Lüfte fliegender Superheld wurde. Natürlich könnte man dem Film vorwerfen, dass es unnötig wäre, wieder bei null anzufangen. Allerdings erhofft man sich auf dieser Schiene eine neue Filmreihe aufzubauen, und da wir uns in einem neuen Universum befinden, gibt es genügend Freiheiten, diesen Anfang neu auszulegen, was Webb problemlos gelingt.

Auch das Schülerdasein geht dieser Figur leichter von der Hand. Da gibt es natürlich den Rüpel, den Bully, der einen Heidenspaß hat, das Leben der Nerds schwieriger zu machen, als es sowieso schon ist. Dennoch gelingt Garfield, nie als mitteloser Trottel dazustehen. Vielmehr ist der Peter Parker in der Darstellung von Andrew Garfield eine Art moderner Marty McFly, der nicht immer ganz obenauf ist, aber in den wichtigen Momenten einen kühlen Kopf bewahrt.

Wer Webb’s Erstling „(500) Days of Summer“ kennt, wird vor allem das Zusammenspiel von Handlung und Musik zu schätzen wissen. Und wer sich die Frage gestellt hat, wie sehr sich Neuling Webb von den großen Hollywoodbossen hat verbiegen lassen, wird schnell eines besseren belehrt. Neben den bekannten Luftsprüngen Spider-Man’s durch den Großstadtdschungel legt er auch Wert auf das Zwischenmenschliche. Peter Parks Gang durch die Schulflure bis hin zu Gwen Stacey mit The Shins’ „No Way Down“ unterlegt. Oder seine ersten Versuche samt Skateboard in einer alten Fabrikhalle zu Coldplay’s „Til Kingdom Come“. Definitiv eine Bereicherung für den Film.

Emma Stone überzeugt, natürlich, wie sie es bisher in jedem ihrer Filme getan hat. Sie legt die Figur geschickt an, ein Vergleich zu Dunst’s Mary-Jane ist nicht nötig. Im Gegenteil zu den anderen Handlungssträngen erfährt Stone’s Gwen Stacey hier sehr schnell, welche Doppelrolle ihr neuer Freund Peter Parker spielt und bekommt dabei einen ganz neuen Platz in der Figurenkonstellation.

Denis Leary spielt den Polizeichef, und Stacey’s Vater, der nicht nur sehr irritiert vom ersten Auftritt Parkers beim gemeinsamen Abendessen ist, sondern auch nicht viel auf Spider-Man hält. Auch Sally Field als Tante May ist eine große Bereicherung für den Film, auch wenn es scheint, dass man sie zwischendurch vergessen hätte. Als würde sie sich keine Sorgen machen, ihren Peter tagelang nicht zu sehen, während die ganze Stadt zusammenfällt.

„The Amazing Spider-Man“ trifft den richtigen Ton, hebt sich von seinem Vorgänger aus dem Jahr 2002 ab und hat seine Daseinsberichtigung mehr als verdient. Webb findet die Balance zwischen Humor und Ernst, Action und Besinnung. Wenn der Film nach über zwei Stunden sein relativ offenes Ende findet, möchte man am liebsten weiterschauen. Die Besucherzahlen sprechen dafür. Hoffen wir, dass Hollywood den Wink versteht und schnell nachlegt, so lange Webb, Garfield und Stone noch die Frische in ihre Arbeit legen können, die die Filme sehenswert macht.

9/10

Donnerstag, 12. Juli 2012

[Filmkritik] Ice Age 4 – Voll verschoben



Ice Age 4 – Voll verschoben
7/10

20th Century Fox hat es zugegebenermaßen nicht leicht, sich im großen Animationsgeschäft zu behaupten. Auch wenn Pixar in jüngster Vergangenheit gezeigt hat, dass sie offensichtliche Schwachstellen besitzen, haben sie sich selbst mit „Merida“ zurück an die ewige Spitze befördert. Wer könnte es da Fox verdenken, alles auf eine Karte zu setzen, die bisher immer funktioniert hat?

Eines kann man den Ice Age - Filmen auf jeden Fall nicht vorwerfen, dass sie sich ständig wiederholen. Jeder Teil der Reihe versucht, durch einen eigenen Charakter im Gedächtnis zu bleiben. Da wäre die Angst vor dem Ende der Eiszeit, der Besuch bei den Dinosauriern, und jetzt kommen eben die Piraten.

Der vierte Teil beginnt mit einer wirklich sehenswerten Szene, für die alleine sich der Besuch schon lohnen würde – auch ohne 3D! Scrat, das ewig suchende Eichhörnchen, findet einen Weg zum Mittelpunkt der Erde und nutzt den inneren Erdkern als persönliches Laufrat. Dabei ordnet er ganz nebenbei die Erde und ihre Kontinente neu an.

Auch die mittlerweile etablierten Figuren Sid, Mannie und Diego samt Anhang bleiben von den Konsequenzen nicht verschont. Sie werden voneinander getrennt und müssen bis zum Ende des Films wieder zueinander finden.

Auf der Suche geraten die drei Hauptfiguren an Captain Utan, einen größenwahnsinnigen Affen, der eine riesige Eisscholle sein Piratenschiff nennt und natürlich nur böses im Sinn hat.

Neben einer oberflächlichen Story, die in technischer Hinsicht ordentlich umgesetzt ist, lebt der Film von seinen kleinen Momenten, der Situationskomik. Eine große Hilfe ist da Sids Großmutter, die als eine Art Sidekick fungiert und das Faultier, den Mammut und den Tiger auf ihrer Reise begleitet.

In der Parallelhandlung müssen eine Truppe rund um Mannis „Frau“ und Tochter Peaches einen vereinbarten Treffpunkt erreichen, der die beiden Gruppen vereinen soll. Auf dem Weg dorthin sieht sich Peaches mit den üblichen Teenagerproblemen konfrontiert, die offensichtlich auch vor Mammuts nicht halt machen.

Der Film funktioniert, noch! Auch in diesem vierten Teil konnte man die alten Stärken wieder gekonnt umsetzen. Doch so langsam macht sich eine gewisse Behäbigkeit bemerkbar, die ein baldiges Ende der Eiszeitler – gewollt oder nicht – einleiten dürfte. Vielleicht sollte Fox noch einmal zu einem großen, allerletzten Teil aufrufen, der gemessen an den Lebensumständen der Figuren nicht zwangsläufig ein Happy End davontragen muss.

Donnerstag, 5. Juli 2012

HBO's The Newsroom - Eine Bilanz nach zwei Wochen




„The Newsroom“ läuft seit zwei Wochen. Die Quoten sind noch nicht perfekt, entwickeln sich aber in eine positive Richtung. Grund genug für HBO, direkt eine zweite Staffel zu bestellen. Ein gelungener Start, sowohl für den Sender aber auch für den Zuschauer, der Teil eines der stärksten Projekte aus dem Hause HBO werden darf.

Der PayTV – Sender HBO steht für gehobene Fernsehunterhaltung. Mit den teuersten und aufwändigsten Projekten, die das Fernsehen jemals hervorgebracht hat, sind sie maßgeblich an der Annäherung zwischen Film und TV verantwortlich. Lange Zeit hatten sie „Die Sopranos“, ein Flaggschiff des Senders. „Six Feet Under“ schaffte sogar den Sprung auf den europäischen Markt. „Entourage“ wurde sogar von Präsident Barack Obama als Lieblingsserie betitelt; und „Sex and the City“ darf man natürlich auch nicht außen vor lassen. Doch gerade bei HBO bekommt das Wort –Endlichkeit- eine ganz neue Bedeutung. Selbst erfolgreiche Serien finden überraschend oft ein schnelles Ende. Eine Staffel hat selten mehr als zehn Episoden, in besonderen Ausnahmen auch mal 12.
Doch zur Zeit fehlt das große Aushängeschild. Da gibt es natürlich „True Blood“, das dankenswerter Weise ebenfalls für eine sechste Staffel verlängert wurde. Und glaubt man den Spekulationen aus senderinternen Kreisen, wird auch das brillante „Game of Thrones“ noch viele Jahre auf dem Schirm sein. Und auch wenn diese Serien weltweit einen völlig verdienten Erfolg feiern, fehlt dem Sender etwas, mit dem er genreunabhängig alle Zuschauer erreichen kann. Große Hoffnungen setzten sie auf „Boardwalk Empire“, doch der Funke sprang nie wirklich über. Mit „The Newsroom“ dürfte es ihnen aber gelingen.

Die Pilotfolge könnte man mit einer Laufzeit von 70 Minuten gerne auch als Film bezeichnen. Im Cold Open erleben wir Will McAvoy, Nachrichtensprecher der während seiner sendefreien Zeit an einer Podiumsdiskussion teilnimmt, über die aktuelle Politik (im Jahr 2010) spricht und die Fragen motivierter und überaus patriotischer Schülerinnen und Schüler beantwortet. Zumindest sollte er das. Stattdessen driftet er ständig ab, beantwortet alle Fragen halbherzig mit einem Wort und starrt ins Publikum. Auf die Frage, warum Amerika das beste Land überhaupt ist, erlebt er..., man könnte es einen Zusammenbruch nennen. Mit einem verbalen Rundumschlag schockiert er alle Anwesenden. Diejenigen, die die Fassung noch nicht vollständig verloren haben, strecke ihm ihre Mobiltelefone entgegen und filmen seinen Ausbruch, der sofort zu einer Internetsensation wird.
 Zwei Wochen später kehrt er in die Redaktion zurück.

Diese Nachrichtenredaktion ist Dreh – und Angelpunkt der Serie. Wie in einer klassischen Studiositcom verlassen wir diesen Ort als Zuschauer nie. Selbst während der Livesendung oder Gesprächen im Büro von McAvoy bleibt sie durch Glastüren im Hintergrund präsent. Ein großer, hochwertig besetzter Cast belebt diesen Raum. Auch wenn es für die wenigsten spannend klingen mag, eine Stunde lang einer Redaktion bei der Arbeit zuzusehen, darf man die perfekt ausgearbeiteten Dialoge von Aaron Sorkin nicht vergessen, der die Serie nicht nur kreiert hat, sondern auch für die Drehbücher zuständig ist. Wie erst kürzlich in „The Social Network“ gesehen und gehört, vergehen keine fünf Minuten ohne einen flotten Schlagabtausch. Und genau an den Stellen, an denen er Gefahr läuft, den Zuschauer zu verlieren, setzt er gekonnt Pointen und lockert die Situation auf.

Ein ganz großes Highlight der Serie sind die Szenen, in denen die Livesendung produziert wird. Speziell für den deutschen Zuschauer dürfte diese Dynamik in den Nachrichten etwas befremdlich erscheinen. Doch das amerikanische Nachrichtenfernsehen tickt eben ein bisschen anders. Man sollte sich nur mal auf CNN anschauen, mit welcher Leidenschaft und welchen Effet Moderatoren wie Wolf Blitzer oder Anderson Cooper über Dinge wie die Abschaffung von XXL-Getränken in New York berichten können.

Die Serie spielt im Jahr 2010. Die Redaktion von „News Night“ ist die erste, die den Unfall der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko am 20. April 2010 zu einer Nachricht macht und damit den Ton der Berichterstattung vorgibt. In der zweiten Episode wird am Rande von den Anfängen Griechenlands berichtet. Es ist ein Weg, den man gehen kann, mit einem Differenz von zwei Jahren die Nachrichten aus der Vergangenheit fiktional aufzuarbeiten. Gelingt dies auch in den weiteren Folgen, wie es im Pilotfilm professionell veranschaulicht wurde, wissen wir schon jetzt !!!Spoiler!!!, dass dem Team von ACN’s „News Night“ aufregende Zeiten bevorstehen.

Auch wenn Jeff Daniels in den ersten beiden Episoden viel zu wenig zu Wort gekommen ist, beherrscht er dennoch das Geschehen. Nach seinem Ausbruch und der ungewünschten neuen Aufmerksamkeit, die ihm zukommt, wird eine neue Produzentin engagiert: Seine Ex-Verlobte. Von ihm selbst geht eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber seinen Arbeitern aus. Er kann sich keine Namen merken und ist ständig genervt von den Entscheidungen des Senderverantwortlichen. Doch sobald er in der Kulisse des Studios sitzt, beherrscht er die Kamera. Er trifft den richtigen Ton und könnte mit dieser Leistung entspannt jeden Anchorman in den Schatten stellen.

Alison Pill mimt die nervöse Aufnahmeleiterin, der nach und nach immer mehr Verantwortung aufgebürgt wird. Emily Mortimer, die neue Produzentin, umgibt zumindest in der ersten Folge das große Geheimnis, warum es nie zu einer Hochzeit zwischen ihrer Figur und der von Daniels kam. Bis sie es, aufgrund eines Fehlers in der zweiten Folge, der gesamten Belegschaft preisgibt. Selbst Dev Patel, bei dem ich vorweg einige Bedenken hatte, findet seinen Platz.

„The Newsroom“ hat einen beeindruckenden Start hingelegt. Von der ersten Sekunde an hat die Serie ihren Ton getroffen. Durch einen großen Cast entstehen quasi unendlich viele Möglichkeiten, die Serie voran zu bringen. Allen voran Jeff Daniels, der sich mit dieser Rolle unsterblich machen könnte.
Wer weiß, vielleicht ist HBO mit „The Newsroom“ ein neuer Dauerbrenner gelungen. Verdient hätte es die Serie allemal.

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Montag, 2. Juli 2012

HBO's The Newsroom - Warum die Serie vom deutschen Publikum übersehen werden könnte



Ich denke, jeder der sich etwas genauer mit dem Geschehen im Bereich Film und Fernsehen beschäftigt, wird ohne weitere Umschweife zustimmen, dass Aaron Sorkin ein schreibender Halbgott ist.

Umso erfreulicher ist es dann zu hören, dass der beste Sender der Welt: HBO*, Sorkin eine weitere Serie zutraut, nachdem er mit „The West Wing“, ganzen 7 Staffeln und über 150 Episoden so etwas wie den Senderrekord in Quantität gebrochen hat.

Und schaut man sich die Liste des Casts an, dürfte jedes Zuschauerherz etwas schneller schlagen. Die junge und überaus talentierte Allison Pill, Nachwuchsstar Olivia Munn, der wichtigste filmische Import Großbritanniens der letzten Jahrzehnte: Emily Mortimer; und Altmeister Jeff Daniels.

Wie bei jeder guten HBO – Show entstand im Vorfeld genügend Hype, um locker zehn Serien eines gewöhnlichen Networks zu promoten. Und dass die Show in den USA auf längere Zeit ein Erfolg werden müsste, ist auch keine große Überraschung.

Interessanter ist da schon der Blick auf uns, das deutsche Publikum. Wir, die wir quasi kaum die Chance haben, die hochwertig produzierten Projekte der Pay-TV Sender zu sehen, bekommen die Chance, über Sky die aktuelle Folge unmittelbar nach der Ausstrahlung in den USA am traditionellen HBO-Sonntag zu sehen.

So fair muss man aber auch sein, dass der Absatzmarkt für Serien wie „Game of Thrones“ oder „True Blood“ auch hier etwas besser geworden ist. Allerdings dürften die wenigsten die von vielen zur besten Serie aller Zeiten betitelten „The Wire“ auf DVD entdeckt haben. Und eine Veröffentlichung aller Staffeln liegt auch noch in weiter Zukunft.

„The Newsroom“ wird zeitgleich zur amerikanischen Ausstrahlung in Deutschland über Sky im Originalton zu sehen sein, im Herbst soll dann eine deutsche Synchronisation folgen. Spätestens 2013 könnte man dann mit einem Platz im Free-TV rechnen. Doch wie wahrscheinlich ist der Erfolg bei einem deutschen Publikum?

Aaron Sorkin ist bekannt dafür, Themen auszuwählen, die sehr amerikanisch sind und deswegen häufig am deutschen Publikum vorbeirasseln. Eine Kultur, wie sie in seiner ersten Serie „Sports Night“ geschildert wird, ist in Deutschland gänzlich unbekannt. „Studio 60 on the Sunset Strip“, wurde zwar nach einer Staffel abgesetzt, hätte dennoch nie den Weg zu uns gefunden. Sendungen im Stil von „Saturday Night Live“ finden selbst in der grandiosen Show „30 Rock“ keinen Anklang. Der Film „Moneyball“, großartig besetzt und viele Nominierungen während der letzten Award – Season, ist in den deutschen Kinos kaum aufgefallen. Selbst Brad Pitt kann den Baseball nicht attraktiver machen.

Die Befürchtung steht im Raum, dass auch „The Newsroom“ (die Qualität außen vorgelassen) hinter diesen Projekten untergehen könnte. Geschildert wird das Treiben in einer Nachrichtenredaktion. Das amerikanische Fernsehsystem ist anders aufgebaut als das deutsche, es gibt viel mehr regionale Nachrichten und „Provinzgrößen“. Die Lieblingsnachrichtensendung gehört für den Amerikaner genauso auf die tägliche To See-Liste wie die allabendliche Late Night – Show. Würden wir uns etwa die Serie eines fiktiven Nachrichtensprechers ansehen, die auf dem „wilden Leben“ von Claus Kleber oder Tom Buhrow basiert?

Von zehn Jahren hätte man keine Sekunde daran gedacht, eine Serie wie „The Newsroom“ nach Deutschland zu bringen. Doch die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der TV-Serie machen ungeahntes möglich. In diesem Moment, (als ich den Text geschrieben habe) befinden sich drei Staffeln von HBO – Serien in den amazon Top 20. Auf dem 14. Platz kann man sogar die vierte Staffel Mad Men entdecken (von der direkten Konkurrenz AMC).

Alles in allem ist man auf einem guten Weg. Und vielleicht bräuchte es noch zwei, drei Jahre, bis „The Newsroom“ eine breite Fangemeinde in Deutschland findet. Oder vielleicht ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt.


*Die Absetzung der Serie „Bored to Death“ werde ich dennoch nie verzeihen können.