Wie schon im vergangenen Jahr werde ich diese Woche jeden
Tag meine Filmkritiken zu den oscarnominierten Filmen veröffentlichen. Im
Vergleich zum letzten Jahr sind es weitaus weniger und vor allem relevante
Titel wie Life of Pi, Liebe, Beasts of Southern Wild, die alle 2012
Starttermine hatten, habe ich nicht mehr rechtzeitig sehen können.
Eröffnen möchte ich den [OSCAR COUNTDOWN 2013] mit The
Avengers.
Diese Kritik wurde vorab am 7.5.2012 veröffentlicht.
The
Avengers
8/10
2012 / Joss
Whedon / mit Robert Downey Jr., Chris Hemsworth, Chris Evans, Mark Ruffalo,
Jeremy Renner, Scarlett Johansson, Colbie Smulders, Samuel L. Jackson,…
Mutig war diese Herangehensweise von Marvel allemal, ein
großes Filmimperium rund um die Superheldentruppe „The Avengers“ aufzubauen.
Man kann tief fallen, Figuren oder Franchises, die in der Popkultur einen
gewissen Stellenwert haben, müssen nicht auch zwangsläufig auf der großen
Leinwand funktionieren. Und innerhalb einer Filmreihe ein eigenes Universum zu
erschaffen, welches sich über viele Jahre und viele verschiedenen Projekte
verteilt, ist durchaus ein Spiel mit dem Feuer.
Doch wie es scheint, ging der Plan von Marvel bisher auf. In
den vergangen Jahren brachten es die Titelhelden Iron Man, Thor und Captain
America auf ganze vier Film, die alle einen gewissen Erfolg verzeichnen
konnten. Das besondere an diesen Filmen war aber vor allem, dass etliche
Charaktere wie Nick Fury, Black Widow, Hawkeye, etc. hier ihre ersten
Gehversuche unternehmen durften. Das erste große Highlight dieser Reihe
versammelt alle Helden und den ganzen Rest, in dem von vielen erwarteten „The
Avengers“.
In der Comicliteratur ist es keine Seltenheit, direkt
mehrere Superhelden in den Ring zu schicken. Im Film blieb dieses Vorhaben
bisher immer in einem überschaubarem Rahmen. In „The Avengers“ treffen so viele
Helden aufeinander, wie es sie bisher noch in keinem Live – Action Film gab.
Keine leichte Aufgabe. Marvel hat sich entschieden, dieses
Vorhaben der lebenden Geek – Legende Joss Whedon zu übertragen, der in seiner
TV – Vergangenheit bewiesen hat, auch ein großes Ensemble im Griff zu haben und
sich auch als ausgemachter Comickenner – und Autor einen Namen gemacht hat. Er
ist der einzige (!!!) aufgelistete Drehbuchautor, was bei einem Film von diesem
Ausmaß für eine Hollywoodproduktion eher untypisch ist. Vermutlich wusste man,
dass auch der Person Whedon solch ein Projekt zu sehr am Herzen liegt, als dass
er damit leichtsinnig umgehen würde.
Die Story ist quasi das indirekte Sequel zu Thor. Immerhin
ist Loki der Bösewicht, der die Avengers auf Trapp hält. Auch Professor Erik
Selvig, ein weiteres Mal von Stellen Skarsgard verkörpert, ist eine Figur aus
dem ersten Thor Film.
Es ist keine Handlung, die sonderlich in die Tiefe geht.
Auch wenn es sich vermutlich die meisten nicht eingestehen wollen, muss man den
Film in einem direkten Vergleich mit dem im Sommer 2012 erscheinenden „The Dark
Knight Rises“ sehen. Beide Filmen sind seit langem, und werden vermutlich für
eine lange Zeit, die größten und meisterwarteten Produktionen im Bereich der
Comicverfilmungen sein. Und zumindest diese Reihe um die Marvel – Helden ist
gar nicht darauf angelegt, besonders tief in die Psyche und finsteren Seelen –
soweit vorhanden – der Charaktere einzugehen. „The Avengers“ geht in die
Breite, ist knallbunt und gespickt mit viel Superheldenaction. Der Gehalt der
Story bleibt recht überschaubar, dennoch reiht sich ein Highlight an das
nächste. Der Kampf Thor vs. Iron Man im Wald, Captain America und Iron Man
retten vereint die Besatzung des Helicarriers, der erste Auftritt von Hulk, das
große Finale in New York.
Der heimliche Star dieses Film, der „Anführer“ der Avengers
und auch dieses Marvel – Franchises im Allgemeinen ist Tony Stark aka Iron Man.
(Man beachte: Jon Favreau ist Executive Producer) Favreau hat dieser Figur in
den ersten beiden Filmen neues Leben in die Seele eingehaucht. Robert Downey
Jr. hat die Paraderolle seiner Karriere gefunden und macht hier genau dort
weiter, wo er im letzten Film aufgehört hat. Es scheint sogar, dass er noch
frischer und schlagfertiger wirkt, auf je mehr Helden er trifft. Nicht zuletzt
die komplexe Beziehung zu Captain America, der im zweiten Weltkrieg ein
Experiment aus der Feder von Starks Vater und dem Gründer von Stark Enterprises
war.
Eine große Überraschung des Films ist Mark Ruffalo, der nach
dem grandiosen Film von Ang Lee aus dem Jahre 2003 und einem etwas blassen
Edward Norton der mittlerweile dritte Hulk in zehn Jahren ist. Ruffalo gibt der
Figur des Dr. Bruce Banner viel, verleiht seinem Hulk eine frische Note. Einen
für 2015 angedachten Einzelfilm sollte er sich mit dieser Leistung definitiv
verdient haben. (Hier lohnt sich ein Blick auf die Heimkinofassung um den Film
in der Originalversion zu sehen: Ferrigno-Time!!!)
Die verschiedenen Charaktere finden schnell ihren Platz im
Gefüge. Joss Whedon hat bei seiner Inszenierung eine gelungene Balance in
Punkto Auftritt und Leinwandpräsens gefunden. Konflikte und Zusammenhalt, sie
funktionieren in der Gruppe. Auch im Kampf werden die Kräfte und Fähigkeiten
der einzelnen Individuen zu einem großen Ganzen zusammengeführt.
Samuel L. Jacksons Nick Fury muss sich etwas zurücknehmen,
er verlässt die Zentrale von S.H.I.E.L.D. kaum, navigiert und organisiert von
seinem Luftschiff aus. Natürlich hat er nicht viel im Nahkampf bei den anderen
zu suchen, aber etwas mehr Action hätte auch er verdient. An seiner Seite steht
Maria Hill, gespielt von Cobie Smulders aka Robin Scherbatsky aka Robin
Spakrles aus der populären Sitcom „How I Met Your Mother“. Ihr erster großer
Auftritt in einer Hollywoodproduktion. Auch wenn sie ihre Sache recht
ordentlich macht, wird dieser Ausflug auf die große Leinwand wohl eher eine Seltenheit
bleiben.
Alles in allem ist das Experiment mit dem großen
Superheldenfilm geglückt. Marvel sollte die positiven Einspielergebnisse und
Kritik zu Herzen nehmen und sich in Zukunft etwas mehr zutrauen. Neben
Fortsetzungen der schon bekannten Helden haben sich auch die restlichen
„Rächer“ eigene Filme verdient, und auf einen zweiten oder sogar dritten „The
Avengers“ warten wir sowieso.
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