Feiern sollte man
diesen Roman dafür, dass es keine weitere Charles Manson Blut und
Orgien-Fantasie ist, wie man es nach ersten Besprechungen vermuten
könnte. Auch wenn ich persönlich kein Problem hätte, noch eine
Sicht auf den Manson-Wahnsinn zu lesen, hätte es vermutlich sowieso
nicht funktioniert, da das Personal von „The Girls“ zwar sehr nah
an den Originalprotagonisten aus dem Jahr 1969 angelegt wurde, es
aber dennoch oberflächliche und tiefgehende Abweichungen zu damals
gibt.
Das hier ist die
Geschichte einer jungen Frau, einer sehr jungen Frau, Evie, die
scheinbar keinen Platz in dieser Welt findet, und es sich doch so
sehr wünscht, dass sie auch bereit ist, zu drastischen Mitteln zu
greifen. Doch erzählt Cline in diesem Roman auch die Welt der jungen
Frau im höheren Alter, die auch dann nicht wirklich einen Platz in
dieser Welt gefunden hat.
Russell, der
Wannabe-Manson, ist in diesem Roman vermutlich der größte
Waschlappen. Sowieso werden Männer hier eher schwächlich
dargestellt. Liegt vor allen Dingen daran, dass diese im Leben von
Evie oft nur große Enttäuschung gebracht haben, sie sich aber
scheinbar auch sexuell eher zu Frauen hingezogen fühlt und auf deren
Taten und Worte einen größeren Wert legt.
Emma Cline gelingt
es, den Mikrokosmos der Ranch in Worten einzufangen, gleichzeitig
aber den Rest von Evies Welt nicht aus den Augen zu verlieren. Die
physische und psychische Veränderung des Anwesens, der dort lebenden
Menschen und der Ich-Erzählerin werden mit fortschreitender Dauer
spürbar. Die Nacht der Morde wird in einer Art Minuten-Protokoll
sachlich und nüchtern geschildert. Und am Ende bleibt eine einsame,
zweifelnde, unsichere Frau zurück, die ihren Platz in der Welt noch
nicht gefunden hat; und ihn vielleicht auch nie finden wird.
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