Jochen Rathmann's Bücher

Donnerstag, 5. Juli 2012

HBO's The Newsroom - Eine Bilanz nach zwei Wochen




„The Newsroom“ läuft seit zwei Wochen. Die Quoten sind noch nicht perfekt, entwickeln sich aber in eine positive Richtung. Grund genug für HBO, direkt eine zweite Staffel zu bestellen. Ein gelungener Start, sowohl für den Sender aber auch für den Zuschauer, der Teil eines der stärksten Projekte aus dem Hause HBO werden darf.

Der PayTV – Sender HBO steht für gehobene Fernsehunterhaltung. Mit den teuersten und aufwändigsten Projekten, die das Fernsehen jemals hervorgebracht hat, sind sie maßgeblich an der Annäherung zwischen Film und TV verantwortlich. Lange Zeit hatten sie „Die Sopranos“, ein Flaggschiff des Senders. „Six Feet Under“ schaffte sogar den Sprung auf den europäischen Markt. „Entourage“ wurde sogar von Präsident Barack Obama als Lieblingsserie betitelt; und „Sex and the City“ darf man natürlich auch nicht außen vor lassen. Doch gerade bei HBO bekommt das Wort –Endlichkeit- eine ganz neue Bedeutung. Selbst erfolgreiche Serien finden überraschend oft ein schnelles Ende. Eine Staffel hat selten mehr als zehn Episoden, in besonderen Ausnahmen auch mal 12.
Doch zur Zeit fehlt das große Aushängeschild. Da gibt es natürlich „True Blood“, das dankenswerter Weise ebenfalls für eine sechste Staffel verlängert wurde. Und glaubt man den Spekulationen aus senderinternen Kreisen, wird auch das brillante „Game of Thrones“ noch viele Jahre auf dem Schirm sein. Und auch wenn diese Serien weltweit einen völlig verdienten Erfolg feiern, fehlt dem Sender etwas, mit dem er genreunabhängig alle Zuschauer erreichen kann. Große Hoffnungen setzten sie auf „Boardwalk Empire“, doch der Funke sprang nie wirklich über. Mit „The Newsroom“ dürfte es ihnen aber gelingen.

Die Pilotfolge könnte man mit einer Laufzeit von 70 Minuten gerne auch als Film bezeichnen. Im Cold Open erleben wir Will McAvoy, Nachrichtensprecher der während seiner sendefreien Zeit an einer Podiumsdiskussion teilnimmt, über die aktuelle Politik (im Jahr 2010) spricht und die Fragen motivierter und überaus patriotischer Schülerinnen und Schüler beantwortet. Zumindest sollte er das. Stattdessen driftet er ständig ab, beantwortet alle Fragen halbherzig mit einem Wort und starrt ins Publikum. Auf die Frage, warum Amerika das beste Land überhaupt ist, erlebt er..., man könnte es einen Zusammenbruch nennen. Mit einem verbalen Rundumschlag schockiert er alle Anwesenden. Diejenigen, die die Fassung noch nicht vollständig verloren haben, strecke ihm ihre Mobiltelefone entgegen und filmen seinen Ausbruch, der sofort zu einer Internetsensation wird.
 Zwei Wochen später kehrt er in die Redaktion zurück.

Diese Nachrichtenredaktion ist Dreh – und Angelpunkt der Serie. Wie in einer klassischen Studiositcom verlassen wir diesen Ort als Zuschauer nie. Selbst während der Livesendung oder Gesprächen im Büro von McAvoy bleibt sie durch Glastüren im Hintergrund präsent. Ein großer, hochwertig besetzter Cast belebt diesen Raum. Auch wenn es für die wenigsten spannend klingen mag, eine Stunde lang einer Redaktion bei der Arbeit zuzusehen, darf man die perfekt ausgearbeiteten Dialoge von Aaron Sorkin nicht vergessen, der die Serie nicht nur kreiert hat, sondern auch für die Drehbücher zuständig ist. Wie erst kürzlich in „The Social Network“ gesehen und gehört, vergehen keine fünf Minuten ohne einen flotten Schlagabtausch. Und genau an den Stellen, an denen er Gefahr läuft, den Zuschauer zu verlieren, setzt er gekonnt Pointen und lockert die Situation auf.

Ein ganz großes Highlight der Serie sind die Szenen, in denen die Livesendung produziert wird. Speziell für den deutschen Zuschauer dürfte diese Dynamik in den Nachrichten etwas befremdlich erscheinen. Doch das amerikanische Nachrichtenfernsehen tickt eben ein bisschen anders. Man sollte sich nur mal auf CNN anschauen, mit welcher Leidenschaft und welchen Effet Moderatoren wie Wolf Blitzer oder Anderson Cooper über Dinge wie die Abschaffung von XXL-Getränken in New York berichten können.

Die Serie spielt im Jahr 2010. Die Redaktion von „News Night“ ist die erste, die den Unfall der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko am 20. April 2010 zu einer Nachricht macht und damit den Ton der Berichterstattung vorgibt. In der zweiten Episode wird am Rande von den Anfängen Griechenlands berichtet. Es ist ein Weg, den man gehen kann, mit einem Differenz von zwei Jahren die Nachrichten aus der Vergangenheit fiktional aufzuarbeiten. Gelingt dies auch in den weiteren Folgen, wie es im Pilotfilm professionell veranschaulicht wurde, wissen wir schon jetzt !!!Spoiler!!!, dass dem Team von ACN’s „News Night“ aufregende Zeiten bevorstehen.

Auch wenn Jeff Daniels in den ersten beiden Episoden viel zu wenig zu Wort gekommen ist, beherrscht er dennoch das Geschehen. Nach seinem Ausbruch und der ungewünschten neuen Aufmerksamkeit, die ihm zukommt, wird eine neue Produzentin engagiert: Seine Ex-Verlobte. Von ihm selbst geht eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber seinen Arbeitern aus. Er kann sich keine Namen merken und ist ständig genervt von den Entscheidungen des Senderverantwortlichen. Doch sobald er in der Kulisse des Studios sitzt, beherrscht er die Kamera. Er trifft den richtigen Ton und könnte mit dieser Leistung entspannt jeden Anchorman in den Schatten stellen.

Alison Pill mimt die nervöse Aufnahmeleiterin, der nach und nach immer mehr Verantwortung aufgebürgt wird. Emily Mortimer, die neue Produzentin, umgibt zumindest in der ersten Folge das große Geheimnis, warum es nie zu einer Hochzeit zwischen ihrer Figur und der von Daniels kam. Bis sie es, aufgrund eines Fehlers in der zweiten Folge, der gesamten Belegschaft preisgibt. Selbst Dev Patel, bei dem ich vorweg einige Bedenken hatte, findet seinen Platz.

„The Newsroom“ hat einen beeindruckenden Start hingelegt. Von der ersten Sekunde an hat die Serie ihren Ton getroffen. Durch einen großen Cast entstehen quasi unendlich viele Möglichkeiten, die Serie voran zu bringen. Allen voran Jeff Daniels, der sich mit dieser Rolle unsterblich machen könnte.
Wer weiß, vielleicht ist HBO mit „The Newsroom“ ein neuer Dauerbrenner gelungen. Verdient hätte es die Serie allemal.

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