„The Newsroom“ läuft seit zwei Wochen. Die Quoten sind noch
nicht perfekt, entwickeln sich aber in eine positive Richtung. Grund genug für
HBO, direkt eine zweite Staffel zu bestellen. Ein gelungener Start, sowohl für
den Sender aber auch für den Zuschauer, der Teil eines der stärksten Projekte
aus dem Hause HBO werden darf.
Der PayTV – Sender HBO steht für gehobene
Fernsehunterhaltung. Mit den teuersten und aufwändigsten Projekten, die das
Fernsehen jemals hervorgebracht hat, sind sie maßgeblich an der Annäherung
zwischen Film und TV verantwortlich. Lange Zeit hatten sie „Die Sopranos“, ein
Flaggschiff des Senders. „Six Feet Under“ schaffte sogar den Sprung auf den
europäischen Markt. „Entourage“ wurde sogar von Präsident Barack Obama als
Lieblingsserie betitelt; und „Sex and the City“ darf man natürlich auch nicht
außen vor lassen. Doch gerade bei HBO bekommt das Wort –Endlichkeit- eine ganz
neue Bedeutung. Selbst erfolgreiche Serien finden überraschend oft ein
schnelles Ende. Eine Staffel hat selten mehr als zehn Episoden, in besonderen
Ausnahmen auch mal 12.
Doch zur Zeit fehlt das große Aushängeschild. Da gibt es
natürlich „True Blood“, das dankenswerter Weise ebenfalls für eine sechste
Staffel verlängert wurde. Und glaubt man den Spekulationen aus senderinternen
Kreisen, wird auch das brillante „Game of Thrones“ noch viele Jahre auf dem
Schirm sein. Und auch wenn diese Serien weltweit einen völlig verdienten Erfolg
feiern, fehlt dem Sender etwas, mit dem er genreunabhängig alle Zuschauer
erreichen kann. Große Hoffnungen setzten sie auf „Boardwalk Empire“, doch der
Funke sprang nie wirklich über. Mit „The Newsroom“ dürfte es ihnen aber
gelingen.
Die Pilotfolge könnte man mit einer Laufzeit von 70 Minuten
gerne auch als Film bezeichnen. Im Cold Open erleben wir Will McAvoy,
Nachrichtensprecher der während seiner sendefreien Zeit an einer
Podiumsdiskussion teilnimmt, über die aktuelle Politik (im Jahr 2010) spricht
und die Fragen motivierter und überaus patriotischer Schülerinnen und Schüler
beantwortet. Zumindest sollte er das. Stattdessen driftet er ständig ab,
beantwortet alle Fragen halbherzig mit einem Wort und starrt ins Publikum. Auf
die Frage, warum Amerika das beste Land überhaupt ist, erlebt er..., man könnte
es einen Zusammenbruch nennen. Mit einem verbalen Rundumschlag schockiert er
alle Anwesenden. Diejenigen, die die Fassung noch nicht vollständig verloren
haben, strecke ihm ihre Mobiltelefone entgegen und filmen seinen Ausbruch, der
sofort zu einer Internetsensation wird.
Zwei Wochen später kehrt
er in die Redaktion zurück.
Diese Nachrichtenredaktion ist Dreh – und Angelpunkt der
Serie. Wie in einer klassischen Studiositcom verlassen wir diesen Ort als
Zuschauer nie. Selbst während der Livesendung oder Gesprächen im Büro von
McAvoy bleibt sie durch Glastüren im Hintergrund präsent. Ein großer,
hochwertig besetzter Cast belebt diesen Raum. Auch wenn es für die wenigsten
spannend klingen mag, eine Stunde lang einer Redaktion bei der Arbeit
zuzusehen, darf man die perfekt ausgearbeiteten Dialoge von Aaron Sorkin nicht
vergessen, der die Serie nicht nur kreiert hat, sondern auch für die Drehbücher
zuständig ist. Wie erst kürzlich in „The Social Network“ gesehen und gehört,
vergehen keine fünf Minuten ohne einen flotten Schlagabtausch. Und genau an den
Stellen, an denen er Gefahr läuft, den Zuschauer zu verlieren, setzt er gekonnt
Pointen und lockert die Situation auf.
Ein ganz großes Highlight der Serie sind die Szenen, in
denen die Livesendung produziert wird. Speziell für den deutschen Zuschauer dürfte
diese Dynamik in den Nachrichten etwas befremdlich erscheinen. Doch das
amerikanische Nachrichtenfernsehen tickt eben ein bisschen anders. Man sollte
sich nur mal auf CNN anschauen, mit welcher Leidenschaft und welchen Effet
Moderatoren wie Wolf Blitzer oder Anderson Cooper über Dinge wie die
Abschaffung von XXL-Getränken in New York berichten können.
Die Serie spielt im Jahr 2010. Die Redaktion von „News
Night“ ist die erste, die den Unfall der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im
Golf von Mexiko am 20. April 2010 zu einer Nachricht macht und damit den Ton
der Berichterstattung vorgibt. In der zweiten Episode wird am Rande von den
Anfängen Griechenlands berichtet. Es ist ein Weg, den man gehen kann, mit einem
Differenz von zwei Jahren die Nachrichten aus der Vergangenheit fiktional
aufzuarbeiten. Gelingt dies auch in den weiteren Folgen, wie es im Pilotfilm
professionell veranschaulicht wurde, wissen wir schon jetzt !!!Spoiler!!!, dass
dem Team von ACN’s „News Night“ aufregende Zeiten bevorstehen.
Auch wenn Jeff Daniels in den ersten beiden Episoden viel zu
wenig zu Wort gekommen ist, beherrscht er dennoch das Geschehen. Nach seinem
Ausbruch und der ungewünschten neuen Aufmerksamkeit, die ihm zukommt, wird eine
neue Produzentin engagiert: Seine Ex-Verlobte. Von ihm selbst geht eine gewisse
Gleichgültigkeit gegenüber seinen Arbeitern aus. Er kann sich keine Namen
merken und ist ständig genervt von den Entscheidungen des
Senderverantwortlichen. Doch sobald er in der Kulisse des Studios sitzt,
beherrscht er die Kamera. Er trifft den richtigen Ton und könnte mit dieser
Leistung entspannt jeden Anchorman in den Schatten stellen.
Alison Pill mimt die nervöse Aufnahmeleiterin, der nach und
nach immer mehr Verantwortung aufgebürgt wird. Emily Mortimer, die neue Produzentin,
umgibt zumindest in der ersten Folge das große Geheimnis, warum es nie zu einer
Hochzeit zwischen ihrer Figur und der von Daniels kam. Bis sie es, aufgrund
eines Fehlers in der zweiten Folge, der gesamten Belegschaft preisgibt. Selbst
Dev Patel, bei dem ich vorweg einige Bedenken hatte, findet seinen Platz.
„The Newsroom“ hat einen beeindruckenden Start hingelegt.
Von der ersten Sekunde an hat die Serie ihren Ton getroffen. Durch einen großen
Cast entstehen quasi unendlich viele Möglichkeiten, die Serie voran zu bringen.
Allen voran Jeff Daniels, der sich mit dieser Rolle unsterblich machen könnte.
Wer weiß, vielleicht ist HBO mit „The Newsroom“ ein neuer
Dauerbrenner gelungen. Verdient hätte es die Serie allemal.
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