Jochen Rathmann's Bücher

Dienstag, 8. November 2016

neun

Es war der 3. November 2004. Ein Mittwoch. Jacob Marley saß in der Schule. Zweite Stunde. Musik. Das Highlight der kommenden 45 Minuten sollte die Rückgabe eines Tests sein, der vier Wochen zuvor geschrieben wurde. Vier Wochen für die Korrektur eines einfachen fünf Fragen-Tests mag einigen wirklich zu lange erscheinen. Zumindest für die damalige Zeit. Doch da die Musiklehrerin das Lehren als zweites Standbein verstand und primär versuchte, ihre Karriere als Sängerin in der Großregion zu etablieren, fiel jede zweite Stunde aus und Tests waren immer vier bis sechs Wochen in der Korrektur. Bis eben der nächste geschrieben wurde.
Doch an diesem Morgen sollte es noch etwas länger dauern. Die Musiklehrerin kam niedergeschlagen in den Klassenraum, ließ die Tasche neben das Pult fallen, legte den Stapel korrigierter Tests demonstrativ auf den Tisch und setzte sich dann drauf. Sie atmete schwer aus und stellte dann die Frage: Na, was haltet Ihr von dem Wahlergebnis?
Die Begeisterung für dieses Thema schlug Wellen bis in die letzte Reihe, weswegen sie eine Minute wartete, ob jemand etwas zu sagen hätte, bevor sie dann selbst wieder das Wort ergriff und Dinge sagte, an die sich Marley heute nicht mehr erinnern kann. Da diese Sache scheinbar wirklich niemanden etwas in der Klasse anging, entschied sie sich ihr Weltverbesserungsreferat abzubrechen und tat endlich das, weswegen alle gekommen waren: Sie verteilte die Tests.
Und während sie durch die Reihen ging, noch immer geschockt von den Ereignissen der Nacht, blieb sie irgendwann theatralisch stehen und sagte laut und selbstbewusst: Hillary Clinton wird das nächste Mal zur Wahl antreten und die erste weibliche Präsidentin von Amerika werden.
Auch wenn sich Jacob Marley an kaum etwas aus ihrem Unterricht oder anderen Ereignissen seiner Schulzeit erinnern kann, so blieb ihm dieser Satz irgendwie hängen.
Hillary Clinton wird Präsidentin.


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