Jochen Rathmann's Bücher

Donnerstag, 23. Juni 2016

KAUM WORTE zu „Das Zimmer“ von Jonas Karlsson

Selten hatte ich in jüngster Zeit so eine Freude bei einer Lektüre wie es bei „Das Zimmer“ von Jonas Karlsson der Fall war. Und das liegt allen voran an Björn, dem Ich-Erzähler des Romans. Björn ist ein riesiges, gewaltiges Arschloch. Das merkt man schon nach wenigen Seiten. Und wie jedes riesige und gewaltige Arschloch es so an sich hat, wird er im weiteren Verlauf der Geschichte nicht sympathischer. Das ganze in einem Großraumbüro angesiedelt, übertrumpft es zuweilen sogar noch Ricky Gervais' The Office, meinetwegen auch Stromberg.

Jonas Karlsson beschreibt die Negativität dieser Figur mit solch einer Leidenschaft, dass man das Gefühl bekommt, dieser Björn ist eine Person aus seinem realen, direkten Umfeld. Und dieses Buch ist eine Abrechnung mit dem Nervtöter. Schließlich erkennt man schnell, dass es solch einen Björn im Leben von uns allen gibt. Auch wenn man nicht in einem Büro arbeitet.

Das betitelte Zimmer an sich ist das große Mysterium des Buches. Ist er also tatsächlich in diesem Raum oder steht er einfach nur apathisch vor einer Wand? Gut, man stellt sich das ein oder andere Mal die Frage, warum nicht irgendjemand (Björn oder seine „gegnerischen“ Kollegen) eine Video- oder Bildaufzeichnung zum Beweis anfertigen, um dem Spuk schon nach wenigen Seiten ein Ende zu bereiten. Allerdings wirkt diese ganze Welt, in der der Roman spielt, sowieso nicht allzu realitätsnah. Wir wissen nur sehr wenig über die tatsächliche Arbeit, soviel wir wissen müssen, und auch das Leben außerhalb der Büroräume sehen wir ausschließlich durch Björns Augen.

Nach jedem Kapitel ändert sich die Meinung, die man als Leser vom Zimmer hat. Und das ganz große Kunststück der Geschichte ist es, erst im allerletzten Absatz aufzuklären, womit man es eigentlich zu tun hat. Mit diesem Wissen sollte man dann den Roman erneut lesen. Es lohnt sich!


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